Zusammenveranlagung trotz bestandskräftiger Einzelveranlagung

Ehegatten können nach der bis einschließlich 2012 geltenden Rechtslage bis zur Bestandskraft eines Änderungsbescheids noch eine Zusammenveranlagung beantragen, selbst wenn für einen der Ehegatten bereits ein bestandskräftiger Einzelveranlagungsbescheid vorliegt.

Hintergrund: Nach der aktuellen Rechtslage haben Ehegatten die Wahl zwischen einer Einzelveranlagung und einer Zusammenveranlagung.

Sachverhalt: Der Kläger war seit dem 20.9.2008 verheiratet. Er gab für 2008 eine Einkommensteuererklärung ab und gab hierin versehentlich an, erst seit dem 20.9.2009 verheiratet zu sein. Er machte auch keine Angaben zu einer Zusammenveranlagung. Das Finanzamt erließ ihm gegenüber im Jahr 2010 einen Steuerbescheid, den es am 2.1.2012 wegen Beteiligungseinkünften änderte. Innerhalb der Einspruchsfrist beantragten der Kläger und seine Ehefrau nunmehr die Zusammenveranlagung für 2008. Gegenüber der Ehefrau war bereits ein Steuerbescheid für 2008 im April 2010 ergangen, der bestandskräftig war. Das Finanzamt lehnte eine Zusammenveranlagung ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber an das Finanzgericht (FG) zurück, das nun noch prüfen muss, ob der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 2008 unbeschränkt steuerpflichtig waren und nicht dauernd getrennt lebten:

Der Antrag des Klägers auf Zusammenveranlagung ist wirksam gestellt worden. Die Wahl der Veranlagungsart kann nämlich bis zur Unanfechtbarkeit eines geänderten Bescheides noch geändert werden. Innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist des geänderten Bescheides vom 2.1.2012 konnte der Kläger daher die Zusammenveranlagung beantragen; sein Antrag vom 6.1.2012 war damit fristgerecht.

Unbeachtlich ist, dass gegenüber der Ehefrau bereits ein bestandskräftiger Bescheid erlassen worden war. Dieser Bescheid kann nunmehr aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses geändert werden. Das rückwirkende Ereignis ist die Änderung des Veranlagungswahlrechts, das auch durch die Ehefrau am 6.1.2012 zugunsten einer Zusammenveranlagung ausgeübt worden ist.

Hinweise: Seit dem Veranlagungszeitraum 2013 sind die Voraussetzungen für eine Änderung des Veranlagungswahlrechts verschärft worden. Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids kann die Wahl der Veranlagungsart nur noch geändert werden, wenn ein Steuerbescheid, der die Ehegatten betrifft, korrigiert oder aufgehoben wird und sich aufgrund der Wahlrechtsänderung insgesamt eine geringere Steuer für die Ehegatten ergibt. Die Änderung des Wahlrechts muss dem Finanzamt bis zum Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich oder elektronisch mitgeteilt werden.

Wählt einer der Ehegatten die Einzelveranlagung, so wird eine Einzelveranlagung durchgeführt, selbst wenn der andere Ehegatte eine Zusammenveranlagung beantragt.

BFH, Urteil v. 14.6.2018 – III R 20/17; NWB

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