Überschusserzielungsabsicht bei Änderung der Vermietungsform

Der 30jährige Prognosezeitraum für die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beginnt neu, wenn der Vermieter die Form seiner Vermietung ändert und statt nur eines Gebäudes auf seinem Grundstück nun mehrere Gebäude, die auf seinem Grundstück stehen, an einen Mieter vermietet.
Hintergrund: Verluste aus Vermietung und Verpachtung werden steuerlich nur anerkannt, wenn der Vermieter eine Überschusserzielungsabsicht hat, also auf Dauer einen Gewinn aus der Vermietung erzielen will. Bei der unbefristeten Vermietung von Wohnraum wird eine solche Absicht grundsätzlich vermutet, nicht aber bei der Vermietung von Gewerberäumen.
Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die 1993 ein mit einem Hotel-Gasthof bebautes Grundstück erwarb und anschließend das Hotel-Restaurant vermietete. 1999 kündigte die Klägerin den Mietvertrag und baute anschließend das Hotel von sechs auf 22 Zimmer aus und renovierte es umfassend, so dass aus einer Zwei-Sterne-Anlage ein Vier-Sterne-Hotel wurde. Danach vermietete die Klägerin ab 2001 die gesamte Hotelanlage an eine Betriebsgesellschaft. Für die Streitjahre 2008 bis 2010 erklärte die Klägerin Verluste, die das Finanzamt mangels Überschusserzielungsabsicht nicht anerkannte. Auch vor dem Finanzgericht (FG) der ersten Instanz hatte die Klägerin keinen Erfolg.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) dagegen gab der Revision statt und verwies die Sache an das FG zurück:
Ob die Klägerin eine Überschusserzielungsabsicht hatte, ist anhand einer Überschussprognose, die für einen Zeitraum von 30 Jahren erstellt wird, zu prüfen. Die Überschusserzielungsabsicht ist hier nicht zu unterstellen, da es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum handelte.
Zwar beginnt der Prognosezeitraum grundsätzlich mit dem Erwerb bzw. der Herstellung der Immobilie. Allerdings beginnt ein neuer Prognosezeitraum, wenn sich die Form der Vermietung ändert und z.B. statt bisher eines Objekts nunmehr mehrere Objekte in einem gemeinsamen Mietvertrag vermietet werden.
Im Streitfall hat die Klägerin ab 1993 nur ein Objekt vermietet, nämlich das Hotelrestaurant. Ab 2001 hat sie dann hingegen alle Gebäude auf dem Grundstücke in einem Mietvertrag an die Betriebsgesellschaft vermietet. Damit hat sich die Form der Vermietung verändert, so dass ab 2001 ein neuer Prognosezeitraum beginnt. Denn die Vermietung mehrerer Gebäude in einem Mietvertrag ist ein anderes Objekt als die Vermietung nur eines Gebäudes.
Offen bleiben kann, ob auch die Hebung des Standards des Hotels von zwei auf vier Sterne dazu führte, dass nunmehr ein anderes Objekt vermietet worden ist und auch deshalb ein neuer Prognosezeitraum beginnt.
Hinweise: Das FG muss nun prüfen, ob in den 30 Jahren ab 2001 ein Gesamtüberschuss oder aber ein Gesamtverlust zu erwarten ist. Dabei darf das FG jedoch nicht allein aus der Höhe der Umbaukosten, die sich über die Abschreibungen auch in den Streitjahren und Folgejahren einkünftemindernd auswirken, auf eine fehlende Überschusserzielungsabsicht schließen. Denn von einem Steuerpflichtigen werden Investitionen erwartet, wenn sich die Immobilie bislang nicht gewinnbringend vermieten lässt.
Außerdem muss das FG prüfen, ob die Klägerin, die ihre Verbindlichkeiten verringert hatte, dies wegen der bisherigen Verluste gemacht hatte und ob dies daher für eine Überschusserzielungsabsicht sprechen könnte.
Sollte sich ein sog. Totalverlust für den Prognosezeitraum ergeben, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die Vermietung der Hotelanlage aus familiären Gründen fortgesetzt hat. Die Verluste wären also auch bei fehlenden familiären Gründen grundsätzlich nicht anzuerkennen. Allerdings könnte die Klägerin dann nachweisen, dass sie im Jahr 2001 mit der Vermietung der gesamten Hotelanlage an die Betriebsgesellschaft die Erfolgsaussichten der Vermietung falsch eingeschätzt hat und deshalb fehlerhaft von einem Gesamtüberschuss ausgegangen ist; die Verluste wären dann steuerlich anzuerkennen.
Der BFH führt eine objektbezogene Betrachtung der Überschusserzielungsabsicht durch. Das bedeutet, dass jeder Mietvertrag für sich darauf überprüft wird, ob insoweit eine Überschusserzielungsabsicht besteht. Vermietet der Steuerpflichtige mehrere Gebäude eines Grundstücks durch jeweils gesonderte Mietverträge, ist also jeder einzelne Mietvertrag für sich zu prüfen. Vermietet der Steuerpflichtige aber alle Gebäude dieses Grundstücks in einem gemeinsamen Mietvertrag, wird dieser Mietvertrag einheitlich geprüft, so dass nur eine einzige Prüfung der Überschusserzielungsabsicht erfolgt.
BFH, Urteil v. 19.2.2019 – IX R 16/18; NWB

Diesen Beitrag teilen