Höhe des Säumniszuschlags von 12 % pro Jahr verfassungsgemäß

Das Finanzgericht Münster (FG) sieht in einem Eilverfahren die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % pro Jahr bzw. 1 % pro Monat als verfassungsgemäß an. Zwar können Säumniszuschläge auch einen Zinsanteil enthalten, so dass die Säumniszuschläge insoweit überhöht sein könnten; jedoch greift der Zinseffekt von Säumniszuschlägen erst dann, wenn die Säumniszuschläge ihre Funktion als Druckmittel verlieren, weil der Steuerpflichtige wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ohnehin nicht mehr zahlen kann.

Hintergrund: Säumniszuschläge entstehen, wenn die Steuer nicht zum Fälligkeitszeitpunkt bezahlt wird. Die Säumniszuschläge betragen 1 % der zu zahlenden Steuer pro angefangenen Monat, so dass sich auf das Jahr bezogen eine Höhe von 12 % ergibt.

Sachverhalt: Die Antragstellerin hatte die Umsatzsteuer für August 2018 einen Monat zu spät gezahlt. Daraufhin entstanden Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des Umsatzsteuerbetrags. Die Antragstellerin beantragte einen Abrechnungsbescheid, in dem die Säumniszuschläge ausgewiesen waren, und wandte sich gegen den Abrechnungsbescheid durch Einspruch und durch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Sie machte geltend, dass in den Säumniszuschlägen von 1 % ein Zinsanteil von 0,5 % pro Monat enthalten sei, der angesichts des aktuellen Zinsniveaus überhöht sei.

Entscheidung: Das FG wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurück:

  • Zwar ist im Steuerrecht derzeit umstritten, ob die Höhe der Nachzahlungszinsen von 6 % jährlich verfassungsgemäß oder aber angesichts des aktuellen niedrigen Zinsniveaus verfassungswidrig ist.
  • Dieser verfassungsrechtliche Streit betrifft allerdings nicht Säumniszuschläge. Säumniszuschläge stellen in erster Linie ein Druckmittel dar und dienen nicht der Verzinsung der verspätet gezahlten Steuern.
  • Soweit Säumniszuschläge einen Zinseffekt haben könnten, tritt dieser erst dann ein, wenn der Säumniszuschlag seine Funktion als Druckmittel verloren hat, weil der Steuerpflichtige die Steuer ohnehin nicht mehr bezahlen kann, z. B. wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit. Diese Situation kann im Einzelfall eintreten, war aber nicht im Streitfall gegeben. Eine allgemeine Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge ist daher nicht anzunehmen.

Hinweise: Über eine mögliche Verfassungswidrigkeit von Säumniszuschlägen könnte ohnehin nur das Bundesverfassungsgericht verbindlich entscheiden. Der Streitfall betraf aber ein Eilverfahren, nämlich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, so dass das FG eine vorläufige Entscheidung über die mögliche Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge im Streitfall hätte treffen können.

Von Säumniszuschlägen zu unterscheiden sind Verspätungszuschläge. Sie entstehen, wenn die Steuererklärung verspätet abgegeben wird. Der Verspätungszuschlag beträgt grundsätzlich 0,25 % des Nachzahlungsbetrags für jeden Monat der Verspätung, mindestens aber 25 € pro Monat.

FG Münster, Beschluss v. 29.5.2020 – 12 V 901/20 AO; NWB

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