Entschädigung für Duldung einer Hochspannungsleitung nicht steuerbar

Die Entschädigung, die ein Grundstückseigentümer für die unbefristete Duldung einer Hochspannungsleitung über seinem Grundstück und deren grundbuchrechtliche Absicherung erhält, ist nicht steuerbar. Es handelt sich weder um Einkünfte aus Vermietung aus Verpachtung noch um sonstige Einkünfte.

Hintergrund: Einnahmen sind nur dann steuerbar, wenn sie unter eine der im Gesetz genannten Einkunftsarten fallen. So zählen zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einnahmen aus der zeitlich begrenzten Überlassung von Immobilien oder Grundbuchrechten. Daneben sind z.B. auch noch sonstige Einkünfte steuerbar, die aber nur dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige für ein Tun, Dulden oder Unterlassen eine Gegenleistung erhält; hiervon erfasst werden etwa einmalige Vermittlungsprovisionen.

Sachverhalt: Die Kläger sind Ehegatten, die ein ca. 1.000 qm großes Grundstück selbst bewohnten. Über ihr Grundstück sollte eine Hochspannungsleitung geführt werden. Der Energieversorger schloss mit den Klägern eine Vereinbarung, aufgrund derer er zu der Errichtung der Hochspannungsleitung über das Grundstück der Kläger berechtigt war. Die Kläger stimmten der Eintragung einer entsprechenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch zu. Der Energieversorger hatte ein auf fünf Jahre befristetes Rücktrittsrecht. Die Kläger erhielten eine Entschädigung in Höhe von 10 % des Bodenwertes; dies ergab einen Betrag von ca. 18.000 €, den das Finanzamt als sonstige Einkünfte besteuerte.

Entscheidungen: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Entschädigung fiel unter keine der gesetzlichen Einkunftsarten. Weder handelte es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch um sonstige Einkünfte.
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzen eine zeitlich begrenzte Überlassung einer Immobilie oder eines Grundbuchrechts voraus. Wird das Eigentum jedoch endgültig dem Vertragspartner überlassen, handelt es sich nicht mehr um eine Vermietungseinnahme.
  • Im Streitfall handelte es sich nicht um eine zeitlich begrenzte Überlassung, sondern um eine dauerhafte Übertragung eines Grundstücksteils, nämlich des Raums über dem Grundstück. Ein Rücktrittsrecht hatte nur der Energieversorger, nicht aber die Kläger. Damit waren die Kläger endgültig in ihren Eigentümerbefugnissen beschränkt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass sich die Entschädigung am Wert des Bodens orientierte und damit die Wertminderung des Grundstücks ausgleichen sollte.
  • Die Entschädigung zählte auch nicht zu den sonstigen Einkünften. Denn hierzu zählen nicht Veräußerungserlöse im privaten Bereich. Die Kläger haben die Entschädigung aber dafür erhalten, dass sie einer endgültigen Beschränkung ihres Grundstücks zugestimmt haben. Zudem hätten sie mit einer Enteignung rechnen müssen, wenn sie der Vereinbarung mit dem Energieversorger nicht zugestimmt hätten. Wenn sie aber einer Vereinbarung zustimmen, um einer Enteignung zuvorzukommen, zählt die Entschädigung nicht zu den steuerbaren sonstigen Einkünften.

Hinweis: Für die Steuerbarkeit von Einnahmen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob diese freiwillig oder „zwangsweise“ erzielt werden, weil z.B. eine Behörde einen Eigentümer zur Aufnahme eines Mieters verpflichtet. Im Streitfall spielte aber die drohende Teilenteignung dennoch eine Rolle, weil die vertragliche Vereinbarung die drohende Enteignung quasi vorwegnahm.

BFH, Urteil v. 2.7.2018 – IX R 31/16; NWB

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